Teil 1: Das Sakrament der Taufe
„Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Königtum Gottes kommen“.
(Evangelium nach Johannes, Kap. 3,5).
Die Taufe ist das Sakrament, bei dem der Gläubige durch dreimaliges Eintauchen des Körpers ins Wasser und durch Anrufung des Namens der Allheiligen Dreiheit - des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes - dem Leben des Fleisches und der Sünde abstirbt und durch den Heiligen Geist in einem geistigen und heiligen Leben erneuert wird. Dadurch wird der Getaufte in die Kirche eingeführt und wird zu ihrem Mitglied. Die Anrufung des Namens der Allheiligen Dreiheit bezeugt also das Bekenntnis des Taufbewerbers zu Ihr und zu Christus sowie auch seine Eingliederung in den Leib Christi als erneuerter und erleuchteter Mensch. Von jetzt an ist er „aus Wasser und Geist geboren“ und „der Weg in das Reich Gottes“ (Joh 3,5) ist für ihn geebnet.
Was bedeutet das in der Praxis? Die Taufe ist verbunden mit einer merklichen Veränderung des Lebens. Ein Mensch, der vorher nie gebetet hatte, wird nach der Taufe beginnen, sich tagtäglich, wenigstens kurz, an Gott zu wenden. Ging er früher nie in die Kirche – so wird er beginnen, Gottesdienste zu besuchen. Hatte er bisher niemals in der Bibel gelesen – so schlägt er sie jetzt auf. Hatte er die Gebote nicht gekannt und nicht befolgt, so lernt er sie nun kennen und beginnt sie zu befolgen. Ohne diesen grundlegenden Wandel im Leben des Getauften verliert die Taufe für ihn ihren Sinn und würde ihm deshalb wenig bringen. Für ein Kind, das getauft wird, sollte sich dieser Wandel im Leben seiner Eltern und der Familie zeigen, andernfalls würde es – obgleich getauft - trotzdem gottlos aufwachsen.
Aber Christ zu werden bedeutet nicht, dass man einfach nur seine Wertvorstellungen und seine Verhaltensweise aus praktischen Erwägungen des weltlichen Lebens ändert. Vielmehr muss man sich selbst grundlegend ändern, oder anders ausgedrückt: Dieses aus dem Wasser und dem Geist Geborensein muss sich in einem grundlegenden Wandel des bisherigen Lebensstils widerspiegeln. Der Getaufte muss sich bemühen, ein Leben in der Nachfolge Christi zu führen, gemäß dem Worte des Herrn: „Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt, … der kann nicht Mein Jünger sein“ (Lk 14,27) und „Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Königtum Gottes kommen“ (Joh 3,5). In der Geschichte finden wir viele Beispiele, angefangen mit dem Apostel Petrus, bei denen Menschen begannen an Gott zu glauben, sich taufen ließen und zu wahrlich neuen Menschen wurden.
Nach der Geburt durch den Geist nimmt der Mensch die im Taufsakrament dargebotene Güte Gottes wahr, in ihm erwacht ein vom Geist geprägtes Leben. Er hört auf, nur für sich zu leben, er beginnt, nach den göttlichen Geboten, für Jesus Christus und andere Menschen zu leben. Hierin findet er für sich die Erfüllung seines Lebens. Die Hinwendung zu Christus führt zu einem völlig neuen Mittelpunkt seiner Interessen.
Taufe der Kinder und ihre Taufpaten
Für die Annahme der Taufe sind bei Erwachsenen ein fester Glaube, eine umfassende Beichte und die Abkehr von einem sündhaften Leben Voraussetzung. Die Taufe der Kleinkinder begann bereits in frühchristlicher Zeit. Bei ihnen kann man natürlich noch keinen festen Glauben erwarten, aber man tauft sie im Hinblick auf die Glaubensstärke ihrer Eltern und Taufpaten. Die Taufpaten heißen in der Kirche Paten (vom lateinischen Pater, Vater), denn sie empfangen das Kind nach dem Untertauchen im Taufbecken zur geistlichen und kirchlichen Erziehung.
Aber wer sind denn diese Taufpaten und warum sind sie erforderlich? Zum Taufpaten wird man in der Kirche, es ist eine kirchliche Institution. Deshalb besteht ihre wichtigste und einzige Verpflichtung darin, die Kinder zu gläubigen, orthodoxen Christen zu erziehen. Ist der Mensch damit einverstanden, erklärt er: „Ich glaube an Gott, ich bete zu Ihm und gehe in die Kirche“. Ferner geloben er Gott: „Ich verspreche feierlich, dass ich mein Patenkind im Glauben, im Gebet, in der Bibel und im Besuch der Kirche unterweisen werde“. Der Herr wird im letzten Gericht darüber Rechenschaft verlangen, inwieweit der Pate seinem Gelübde nachgekommen ist.
Bei der Auswahl eines Paten sollte man folglich auf den Glauben und die Kirchlichkeit der Menschen schauen. Manchmal kommt es vor, dass nahe Verwandte oder Freunde, die als erstes bei der Auswahl der Paten in den Sinn kommen, zwar gute Menschen sind, jedoch ungläubig oder weit von Gott entfernt sind. In dem Fall sollte man andere gläubige orthodoxe Menschen suchen, welche die Eltern in der religiösen Erziehung ihrer Kinder unterstützen können.
Wenn jemand längere Zeit nicht zur Beichte und zur Kommunion geht, hört er auf, ein Mitglied der Kirche zu sein. In einem solchen Fall kann der vorgesehene Pate nicht einfach bei der Taufe zugegen sein und an ihr in der eigentlich vorgesehen Weise mitwirken. Man wird deshalb erwarten dürfen, dass er rechtzeitig vor dem Tauftermin zur Beichte geht und die Kommunion empfängt.
Die Taufzeremonie
Zu Beginn der Taufe wird dem Kind ein Name gegeben. Es wird immer zu Ehren eines orthodoxen Heiligen getauft. Soll es zum Beispiel Nikolaj heißen, so wird es zu Ehren des hl. Nikolaus des Wundertäters getauft. Hat das Kind von seinen Eltern einen Namen erhalten, mit dem es keinen orthodoxen Heiligen gibt, z.B. Jan oder Diana, muss bei der Taufe ein anderer Name gewählt werden.
Der Taufe geht die Ordnung des Katechumenats voraus. Alle gottesdienstlichen Handlungen dieser Zeremonie haben eine tiefe Bedeutung. Zu den wesentlichsten gehören:
die Beschwörung und Vertreibung des Satans (des Teufels),
das Gelöbnis, sich von ihm loszusagen,
das Gelöbnis, sich mit Christus zu vereinigen und schließlich
das Bekenntnis des Orthodoxen Glaubens (durch das Vorlesen des Glaubensbekenntnisses).
Entsagung vom Satan:
Eingangs fragt der Priester: „Entsagst du dem Satan und von all seinen Werken und all seinem Dienst und all seinen Engeln und all seinem Pomp?“ Der Täufling antwortet (oder die Paten): „Ich entsage“.
Der Priester fragt nochmals: „Hast du dem Satan entsagt?“. Der Täufling bestätigt: „Ich habe entsagt“.
„So blase und speie ihn an“. Der Täufling wendet sich zum Westen (in die entgegengesetzte Richtung zum Osten, zu der Richtung, in die Christen Gott verehren), haucht und spuckt den Satan an, wodurch er ihm seine Schwäche im Vergleich mit der Macht Gottes demonstriert, sowie seine Abneigung kundtut und ihm zeigt, dass er ihm in Zukunft nicht mehr zu Diensten sein wird.
Da kleine Kinder noch nicht selbst sprechen und eigenständig antworten können, sprechen die Taufpaten die Entsagung vom Teufel aus. Gleichzeitig legen sie das Versprechen ab, mit allen Kräften die Kinder zu ermutigen, sich in ihrem späteren Leben als Erwachsene eigenständig vom Satan und seinen Diensten loszusagen.
Vereinigung mit Christus und das Bekenntnis des Glaubens:
Doch die Vertreibung des Teufels aus dem Herz des Menschen ist nicht genug. Christus selbst hat ein Gleichnis erzählt: wenn ein böser Geist aus einem Haus (also aus dem Mensch) vertrieben wird, kommt er irgendwann wieder, und wenn er den alten Wohnort leer antrifft, nistet er sich mit weiteren, noch schlimmeren Dämonen wieder ein. Daher ist es nicht genug, den Teufel zu vertreiben, Christus muss in dem Herzen des Menschen Wohnung nehmen. Deshalb folgt nach dem Ritus der Entsagung dem Teufel der Ritus der Vereinigung mit Christus.
Der Priester fragt: „Schließt du dich Christus an?“ Der Täufling antwortet: „Ich schließe mich an“! Hierauf fragt der Priester: „Hast du dich Christus angeschlossen?“ Der Täufling antwortet: „Ich habe mich angeschlossen“! Der Priester fragt weiter: „Und glaubst du an Ihn?“ Der Täufling antwortet: „Ich glaube an ihn als König und Gott“, und er liest das Glaubensbekenntnis.
Das Glaubensbekenntnis enthält in kurzer Zusammenfassung alle Wahrheiten des Christentums, die normalerweise in der Katechese gelernt werden. Wenn die Paten oder die Eltern das Glaubensbekenntnis nicht verstehen oder die Grundlagen ihres Glaubens nicht kennen, sollten sie diese kennenlernen.
Auf das Sprechen des Glaubensbekenntnisses folgt ein abschließender Dialog. Der Priester stellt zu Beginn erneut die Frage: „Hast du dich Christus angeschlossen“? Der Täufling antwortet: „Ich habe mich angeschlossen“. Hierauf bittet der Priester den Täufling Gott anzubeten: „So bete Ihn an“. Dieser verbeugt sich und bekennt laut: „Ich bete an den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, die wesenseine und untrennbare Dreiheit.“
Hier beginnt das eigentliche Sakrament der Taufe. Der Priester spricht die Gebete zur Weihe des Wassers im Taufbecken und des Öles, diese sollten Aufmerksam verfolgt werden. Es folgen die Salbung mit dem geweihten Öl und der wichtigste Teil der Weihehandlung – das dreimalige Untertauchen des Täuflings in das Wasser mit den Worten: „Getauft wird der Knecht (die Magd) Gottes (Name) im Namen des Vaters. Amen. Und des Sohnes. Amen. Und des Heiligen Geistes. Amen.“ Währenddessen nimmt der Taufpate, der eines Geschlechtes mit dem Täufling ist, das Handtuch und wartet darauf, das Kind zu empfangen. Nach dem Verlassen des Taufbeckens wird dem Getauften vom Priester neue weiße Kleidung angelegt und er erhält sein Taufkreuz.
Nach den Worten des hl. Kyrill von Jerusalem bedeutet das Wasser nach der Weihe für den zu Taufenden „… das Grab und die Gebärmutter“ gleichermaßen. Das Grab deshalb, weil der Mensch durch das Eintauchen in das Taufbecken seinem sündhaften Leben erstirbt. Die Gebärmutter aber deshalb, weil er aus dem Wasser heraussteigend seine geistliche Geburt zu einem neuen, geistlichen Leben erfährt.
Es folgt nun unmittelbar ein weiteres Sakrament, die Myronsalbung, bei der der Priester in Kreuzform Stirn, Augen, Nasenflügel, Mund, Ohren, Brust, Hände und Füße des Täuflings mit Myron salbt und dabei jedes Mal spricht: „Siegel der Gabe des Heiligen Geistes. Amen“. Dadurch werden die Gaben des Heiligen Geistes verliehen, die den Menschen in seinem geistlichen Leben festigen sollen. Priester und Taufpaten umschreiten sodann mit dem Neugetauften dreimal das Taufbecken zum Zeichen der geistigen Freude über die Vereinigung mit Christus und der Hoffnung auf ewiges Leben im Himmlischen Königtum. Eine Lesung aus dem Brief des hl. Apostels Paulus an die Römer (Röm 6,3b-12) hebt den Gedanken hervor, dass in der Taufe jeder mit Christus mitbegraben aber auch zusammen mit Ihm auferweckt in einem neuen Leben wandeln wird. Der Auftrag, alle Menschen zu taufen, ergibt sich aus dem anschließend verlesenen Text des Evangeliums nach Matthäus (Mt 28,16-20).
Nunmehr wischt der Priester mit einem in Weihwasser getränkten Schwamm das Salböl ab und spricht hierbei: „Du wurdest getauft, erleuchtet, gesalbt, geheiligt und abgewaschen auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.“
Anschließend schneidet der Priester kreuzförmig ein Büschel Haare ab mit den Worten: „Geschoren wird der Knecht (die Magd) Gottes (Name) auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.“ Hierdurch wird angedeutet, dass der Neugetaufte und Gesalbte sich ganz und gar Gott übereignet hat und dass er von sich aus ein kleines Opfer bringt, um Gott gegenüber seine Dankbarkeit für den Beginn des neuen, geistigen Lebens darzubringen.
Als Zeichen hierfür trägt der Priester das getaufte Kind auf seinen Armen in die Kirche bis zur Heiligen Pforte. Handelt es sich um einen Jungen, so wird er durch den Altar geführt. Durch die Einführung in die Kirche wird das Kind Gott anheim gegeben.
Die Weihe des Öles, mit dem bei der Taufe zunächst das Wasser, dann der Täufling gesalbt wird, ist das Symbol für Heilung und Gesundheit, Versöhnung und Frieden. Die Kerzen bilden das Licht des wahren Glaubens ab, die weiße Kleidung weist auf die Befreiung der Seele des Christen von der Macht der Sünde und des Satans hin. Diese Seele soll er unbefleckt bewahren. Und schließlich ist da noch das am Körper zu tragende Kreuz als Zeichen der Nachfolge Christi und des Glaubens an seinen Sieg. Bei Todesgefahr kann die Taufe von jedem orthodoxen Christen durch Eintauchen in oder Übergießen mit Wasser und gleichzeitigem Sprechen der oben angegebenen Worte gespendet werden.
Dem Täufling muss bei der auf die Taufe folgenden Liturgie – üblicherweise an einem Sonntag - die Kommunion gereicht werden. Die Einheit von Taufe, Myronsalbung und Teilnahme am allheiligen Leib und kostbaren Blut des Herrn ist damit erreicht. Diese Einheit wird von der Orthodoxen Kirche als konstitutiv betrachtet.
Zur Taufe sind mitzubringen:
- Kleines orthodoxes Kreuz mit Kette oder kleiner Schnur. Das Kreuz muss eine Christusdarstellung zeigen.
- Taufkerze. Diese kann mitgebracht werden oder in der Kirche gekauft werden.
- Ein Taufkleid.
- Ein großes, weißes Handtuch.
Soll ein Säugling getauft werden, so soll er ausgeschlafen und gesättigt zur Taufe gebracht werden.
Fotografieren und Videoaufnahmen sind in der Kirche meist möglich. Diese sollten jedoch von ein bis zwei Personen gemacht werden, und nicht von allen Anwesenden simultan.
Zusammengestellt nach dem orthodoxen Katechismus von Bischof Alexander (Semenov-Tjan-Schanskij).
Das Glaubensbekenntnis
Das Glaubensbekenntnis ist eine kurze und genaue Wiedergabe der Grundlagen der christlichen Glaubenslehre, deren Grundlegung und Bestätigung auf dem 1. und 2. Ökumenischen Konzil (Nikäa 325 und Konstantinopel 381) erfolgten. Es ist in zwölf Artikel unterteilt. Während der Taufe muss es vom Täufling oder den Paten laut, überzeugt und klar verstehbar vorgelesen werden – auf Deutsch oder in Kirchenslawisch.
1. Ich glaube an den Einen Gott, den Vater, den Allherrscher, den Schöpfer des Himmels und der Erde, alles Sichtbaren und Unsichtbaren.
2. Und an den einen Herrn Jesus Christus, Gottes einziggezeugten Sohn, den aus dem Vater gezeugten vor aller Zeit; Licht vom Lichte, wahren Gott von wahrem Gott, gezeugt, nicht geschaffen, den dem Vater Wesenseinen, durch den alles geschaffen ist.
3. Den für uns Menschen und zu unserer Errettung von den Himmeln Herabgestiegenen und Fleischgewordenen aus dem Heiligen Geist und der Jungfrau Maria und Menschgewordenen.
4. Den für uns unter Pontius Pilatus Gekreuzigten, der gelitten hat und begraben worden ist.
5. Den am dritten Tage Auferstandenen gemäß den Schriften.
6. Den in die Himmel Aufgestiegenen und zur Rechten des Vaters Sitzenden.
7. Den mit Herrlichkeit Wiederkommenden, zu richten die Lebenden und die Toten, dessen Königtum ohne Ende sein wird.
8. Und an den Heiligen Geist, den Herrn, den Lebenschaffenden, den aus dem Vater Hervorgehenden, den mit dem Vater und dem Sohn Angebeteten und Verherrlichten, der gesprochen hat durch die Propheten.
9. An die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche.
10. Ich bekenne die eine Taufe zur Vergebung der Sünde.
11. Ich erwarte die Auferstehung der Toten
12. und das Leben der künftigen Welt. Amen.
Erklärung der Teile (Artikel) des Glaubensbekenntnisses
1. Ich glaube bedeutet, dass ich aus vollem Herzen und mit ganzem Verstande anerkenne, dass Gott existiert, dass Er Einer dem Wesen nach und Drei in den Personen ist und dass Gott der Vater die erste Person der Allheiligen Dreieinheit ist. Ich glaube, dass Er alles Sichtbare (Erde, Sonne, Menschen, Tiere, Pflanzen, die gesamte materielle Welt) und alles Unsichtbare (Engel, die geistige Welt) erschaffen hat. Oft sprechen wir: „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Der Ausdruck „im Namen“, der in der Einzahl verwandt wird, weist uns darauf hin, dass Gott Einer ist, die anschließende Nennung der Göttlichen Personen weist auf die Dreieinheit des Einen Gottes hin.
2. Auch glaube ich an den Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes. Er ist die zweite Person der Allheiligen Dreieinheit. Er ist in allem Gott und dem Vater gleich. Er ist aus dem Vater gezeugt vor aller Zeit (der Sohn Gottes ist somit gleich ewig wie der Vater), gezeugt als Licht vom Lichte, Er ist wahrer Gott vom wahren Gott und Er besitzt mit dem Vater ein und dasselbe Göttliche Wesen.
3. Für uns sündhafte Menschen stieg der Sohn Gottes von den Himmeln herab, um uns von der Sünde, dem Teufel, den bösen Mächten und dem Hades zu erretten. Er nahm die menschliche Natur an und wurde von der Allreinen Jungfrau Maria geboren, die Ihn durch die gnadenerfüllte Mitwirkung des Heiligen Geistes empfing. Der Sohn Gottes wurde, obwohl Gott bleibend, Mensch. Er nahm unsere Natur an mit Ausnahme der Sünde.
4. Zu der Zeit, zu der Pontius Pilatus als Statthalter des römischen Kaisers Judäa in Palästina verwaltete, nahm unser Herr Jesus Christus unserer Sünden wegen Kreuzigung, Leiden, Tod und Grab auf Sich. So wie Pilatus ist auch Christus eine Persönlichkeit der Geschichte.
5. Am dritten Tag (den Tag der Kreuzigung mit gerechnet) erstand Jesus Christus aus dem Grabe und erschien Seinen Jüngern. Dieses Ereignis feiern die Christen am Osterfest. In Seinen Leiden, Seinem Tod und Seiner Auferstehung wurden die Weissagungen der Propheten erfüllt wie sie in den Heiligen Büchern der Bibel beschrieben sind.
6. Am 40. Tage nach Seiner Auferstehung fuhr der Sohn Gottes, der Herr Jesus Christus, leiblich in das Himmlische Königreich auf, wo Er zusammen mit dem Vater die ganze sichtbare und unsichtbare Welt lenkt, was durch die Bezeichnung „(den) zur Rechten des Vaters Sitzenden“ ausgedrückt wird. Der Sohn Gottes verfügt somit über Gewalt, Macht und Ehre wie Gott, der Vater. Als wahrer Gott hat der Sohn Gottes die Eigenschaft der Allgegenwärtigkeit, Er wirkt zur gleichen Zeit überall, im Himmel und auf Erden.
7. Ich glaube, dass es die Zweite Ankunft des Herrn Jesus Christus geben wird. Er wird auf der Erde erneut in sichtbarer Weise erscheinen, jedoch nicht in der früheren Erniedrigung sondern in Himmlischer Herrlichkeit, umgeben von Engeln. Er wird wiederkommen, um das große Furchtbare Gericht über alle Menschen zu halten, über die Lebenden und Toten. Das Ende der Welt wird anbrechen, alle Menschen, von Adam angefangen, werden auferstehen, Himmel und Erde werden vergehen. Das Königtum Jesu Christi, das Reich Gottes also, wird nach dem Furchtbaren Gericht ohne Ende sein.
8. Auch glaube ich an den Heiligen Geist, an die dritte Person der Allheiligen Dreieinheit. Er ist wahrer Gott, mit dem Vater und dem Sohn eines Wesens und ihnen gleich. Der Heilige Geist geht vorewig aus dem Vater hervor, Er bewirkt alles Leben und wird deshalb Lebensschaffender genannt. Dem Heiligen Geist Gottes gebührt die gleiche Anbetung, Verehrung und Verherrlichung wie Gott Vater und Gottes Sohn. Über das Wirken des Heiligen Geistes berichten die Prophetenbücher der Bibel im Alten Testament und die Schriften Apostel im Neuen Testament.
Über die Heilige Dreiheit. Man muss sich stets vor Augen halten, dass es nur einen Gott gibt. Der Vater ist wahrer Gott, der Sohn ist wahrer Gott wie auch der Heilige Geist. Es handelt sich nicht um drei einzelne Gottheiten sondern um einen Gott in drei Personen. In der einen göttlichen Natur sind für uns geheimnisvoll Drei Göttliche Personen unvermischt und untrennbar verbunden. So ist es uns in der Heiligen Schrift geoffenbart, so glauben wir und so findet es in den Gebeten der Orthodoxen Kirche seinen Ausdruck.
9. Ich glaube an die wahre Kirche Gottes, die aus der Gemeinschaft der Christen orthodoxen Glaubens besteht und unsichtbar von Jesus Christus durch die von Ihm berufenen priesterlichen Hirten geleitet wird. Ich achte sie voll Ehrfurcht und befolge mit vollem Vertrauen und Liebe ihre Lehre wie sie in der Bibel grundgelegt ist. Der Herr Jesus Christus Selbst hat sie auf dieser Erde gegründet und leitet sie unsichtbar zusammen mit dem Vater und dem Heiligen Geist. Ich glaube, dass es nur eine wahre Kirche Gottes - die Orthodoxe Kirche - gibt, weil es nur einen Gott, nur einen wahren Glauben an Ihn und nur eine wahre Lehre über Ihn gibt. Die Kirche Gottes ist heilig, weil ihr Gründer der Sohn Gottes ist, Der uns durch die Kirche, ihre Lehre, die Gebete und Sakramente in Seiner Gnade heiligt. Auch glaube ich, dass die wahre Kirche Gottes die Allgemeine oder Ökumenische ist, weil sie von dem Herrn nicht für irgendein Volk, für irgendein Land oder irgendeine Zeit sondern für alle Völker, Länder und Zeiten errichtet wurde. Unter Seiner Obhut und Leitung nimmt sie mit einzigartiger Liebe den Einfachen und den Gebildeten, den Angesehenen und den Vernachlässigten, den Reichen und den Armen, den Alten und Jungen an. Die Orthodoxe Kirche besteht aus 15 Autokephalen Orthodoxen Kirchen: der Russischen, Griechischen, Grusinischen, Serbischen, Rumänischen, Bulgarischen sowie einigen anderen Kirchen. Auch glaube ich, dass die wahre Kirche Gottes die Apostolische ist, weil sie wahrhaftig und unverändert jene Lehre bewahrt, welche Christus, der Erlöser, den Menschen gebracht hat und welche die heiligen Apostel der Welt weitergegeben haben. In der Kirche wird die Kontinuität der Weitergabe der Gnadengaben des Heiligen Geistes die bischöfliche Handauflegung aufrechterhalten, die ihren Ursprung bei den Aposteln hat.
10. Ich erkenne an, dass die Taufe (die geistige Geburt) nur einmal im Leben vollzogen werden kann, da auch die leibliche Geburt eines Menschen nur einmal erfolgt. In der Taufe werden die Sünden des vorhergegangenen Lebens verziehen. Zur Vergebung der nach der Taufe begangenen Sünden muss der Erwachsene (wie auch die Kinder nach dem siebten Lebensjahr) diese in der Beichte vor einem Priester bekennen, der dem Beichtenden durch sein Gebet und seine Worte in der Beichte selbst Hilfestellung leistet.
11. In fester Überzeugung erwarte ich, dass alle Verstorbenen bei der Zweiten Wiederkunft Christi leiblich auferstehen werden und dass ihre Seelen, die sich in einer geistigen Welt befinden, erneut mit einem eigenen Körper versehen werden. Die auferstandenen Menschen werden dann vor das Furchtbare Gericht geführt.
12. Ich glaube, dass nach dem Furchtbaren Gericht „das Leben der zukünftigen Zeit“ beginnen wird, das ewig, ohne Ende währt. Für jene, die sich im Paradies mit Gott, den Engeln und den Heiligen befinden, bedeutet es ewige Freude und Glückseligkeit, für jene im Totenreich aber ewige Qual. Die Entscheidung über das ewige Schicksal des Menschen trifft der Herr Jesus Christus in Überstimmung mit dem geistig-moralischen Zustand dieses Menschen, im Hinblick darauf, wie er sein irdisches Leben gestaltet hat.
Über die Errettung: Jeder Mensch ist von Geburt an mit der Krankheit der Erbsünde behaftet. Diese verleitet ihn, stets irgendeine Sünde zu begehen. Von dieser Krankheit – wie auch vom Satan, den bösen Mächten und dem Hades - muss jeder Mensch errettet werden. Diese Errettung ist nur möglich durch unseren Erretter Jesus Christus, durch ein Leben in Übereinstimmung mit den göttlichen Geboten und durch die von Ihm zur Errettung der Menschen auf Erden gegründeten Kirche. Die Bezeichnung „Orthodoxie“ weist auf den rechten Glauben und die eine wahre Kirche hin.
Über unseren Erlöser, den Herrn Jesus Christus
Der Sohn Gottes, unser Herr Jesus Christus, ist nach dem Willen Gottes, des Vaters, aus Liebe zu uns sündigen Menschen auf die Welt gekommen. Er hat freiwillig durch die Geburt aus der Jungfrau Maria die menschliche Natur angenommen, Er wurde Mensch und der Erlöser der Menschheit.
Durch Sein Wort und Beispiel lehrte Er die Menschen, ein heiligmäßiges Leben zu führen, um hierdurch zu Kindern Gottes zu werden und der ewigen Freude eines Lebens im Königtum Gottes teilhaftig zu werden. Durch Sein Leiden, Seinen Tod am Kreuze, Seine Auferstehung am dritten Tag und Seine Auffahrt in die Himmel erlöste Er uns von den Sünden, besiegte den Satan, den Tod und das Reich des Todes. Er ist das Haupt der von Ihm gegründeten Kirche, dem Reich Gottes auf Erden. Am Ende der Zeiten wird Jesus Christus erneut auf diese Welt kommen, um über die Lebenden und Toten Gericht zu halten. Danach beginnt das Königtum der Herrlichkeit, das Paradies, die Zeit der ewigen Freude für die Erretteten. So ist es uns durch Propheten in der Heiligen Schrift versprochen.
Die Ankunft des Erlösers auf Erden hat Gott bereits Adam und Eva nach ihrem Sündenfall verheißen und ihnen Hoffnung auf Errettung gegeben mit den Worten an die Schlange, die Eva im Paradiese verführte: „Der Nachkomme der Frau soll dir den Kopf zertreten“ (Genesis 3,15). Über die Jahrtausende bereitete Gott die Menschen auf das Kommen des Erlösers, Seines Sohnes vor. Über den gerechten Abraham wählte Gott das Volk der Hebräer aus, den rechten Glauben zu bewahren und die Hoffnung auf das verheißene Kommen des Erlösers, den die Propheten des Alten Testamentes Messias nannten, weiterzugeben.
Eingeleitet wurde das Kommen des Herrn in diese Welt durch die Verkündigung des Erzengels Gabriel an die Jungfrau Maria, dass sie einen Sohn gebären werde, Dem sie den Namen Jesus geben solle (Lk 1, 31). Sie wurde gewürdigt, die Mutter des Erlösers, die Mutter Gottes, die Gottesgebärerin zu werden. In Vorbereitung ihrer Annahme durch Gott verbrachte sie von ihrem dritten Lebensjahre an etwa zwölf Jahre im Tempel von Jerusalem, in den sie von dem Hohepriester Zacharias eingeführt wurde. Die Kirche gedenkt dieses Ereignisses im Fest „Einführung in den Tempel der Allheiligen Gottesgebärerin“. Ihre vollständige Hingabe an ihren Schöpfer bezeugte sie vor dem Erzengel Gabriel mit den Worten: „Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast“ (Lk 1,38). Jesu Geburt erfolgte neun Monate später in einer bescheidenen Höhle in der Stadt Bethlehem, in die Josef mit seiner Verlobten Maria anlässlich einer Volkszählung gegangen war. Mit der Geburt Jesu beginnt unsere Zeitrechnung.
Über die ersten 30 Jahre des Lebens Christi ist nur wenig bekannt. Er lebte zusammen mit Seiner Mutter im Hause des Josef und „Er war ihnen untertan“ (Lk 2,51). Mit 30 wurde Er von Johannes dem Täufer im Jordan getauft. Bald darauf begann der Herr mit Seiner Predigttätigkeit und rief – wie Johannes der Täufer – die Menschen zur Buße auf: „Tut Buße. Denn das Königtum der Himmel ist nahe gekommen“ (Mt 4,17). Kurze Zeit später berief Er die zwölf Apostel (Mt 10,2). Sie waren stets mit Ihm zusammen, begleiteten Ihn und wurden von Ihm unterwiesen. Der Herr sandte sie aus in die einzelnen Ortschaften, wo sie predigen und aus Mitleid zu den Menschen Wunder vollbringen sollten (Mt 10,7-8). Der Herr selbst zog ständig im Heiligen Land umher, verkündete die Botschaft vom Königtum Gottes und legte dar, wie jeder dieses Königtums teilhaftig werden könnte. Besonders betonte Jesus das Gebot der Liebe, die gleichermaßen Gott und dem Nächsten gebührt. Denn „An diesen beiden Geboten hängen das ganze Gesetz und die Propheten“ (Mt 22,40). Die Liebe ist geradezu die Erfüllung des Gesetzes (Röm 13,10). Auch Seine Worte über die Barmherzigkeit, Demut und Sanftmut lösten bei Seinen Zuhörern ebenso tiefe Emotionen aus wie die über die Wahrheit und das Gebet. Als angemessenes Gebet bezeichnet Christus das ‚Vater Unser‘ (Mt 6, 9-13). Viele Menschen änderten daraufhin ihren Lebenswandel, wandten sich ab von der Sünde und dem Bösen und wandten sich dem Guten zu und strebten nach einem Leben im Lichte.
Jesus Christus bezeugte Seine göttliche Würde durch viele Wunder und prophetische Worte. So legte sich auf Sein Wort hin augenblicklich der Sturm auf dem See, Er schritt über die Wasser wie über Land, vermehrte Brote zur Speisung von einigen tausend Menschen, die Ihm zuhörten; Er erweckte Tote, trieb böse Geister aus und heilte aus Barmherzigkeit und tief empfundenen Mitleid zahllose Schwerkranke. Dem Herrn ging es dabei nicht um menschliche Ehrungen, Er untersagte es sogar, über die Wunder zu reden. Sein Wort galt Ihm mehr als das Wunder. Er wünschte und wünscht, dass die Menschen Seinen Worten Glauben schenkten, sie in ihr Herz aufnahmen und ihr Leben nach ihnen ausrichteten. Der Erlöser wirkte die Wunder nicht zu Seinem eigenen Nutzen, etwa um durch die Vermehrung der Brote Seinen eigenen Hunger zu stillen.
Das ruhmreichste Wunder des Erlösers war Seine eigene Auferstehung von den Toten, die für alle Christen das freudigste Ereignis darstellt. Dies zeigt sich in dem Ausruf der österlichen Freude: „Christus ist auferstanden!“ und die traditionelle Antwort: „Wahrhaft auferstanden!“ Durch Seine Auferstehung wurden der Teufel, der Hades, die Sünde, alle Mächte des Bösen und der Tod selbst besiegt. Er predigte die Buße und verkündete das Königtum Gottes sogar im Hades. Alle im Hades befindlichen menschlichen Seelen wurden durch Ihn aus dem Hades errettet, sofern sie Ihn als Sohn Gottes anerkannten und ihre Sünden bekannten. Durch den Sieg über den Hades öffnete Jesus Christus das seit dem Sündenfall von Adam und Eva verschlossene Paradies und führte die erlösten menschlichen Seelen in dieses hinein. Von diesem Zeitpunkt an hat jeder Mensch die Möglichkeit der Hinwendung zu Christus. Er kann durch ein Leben nach Seinen Geboten und mit den Gnadengaben der Orthodoxen Kirche in das Königtum Gottes eingehen.
Die Evangelisten beschrieben eine Reihe von Prophezeiungen des Herrn. Hierzu zählen zum Beispiel die Verleugnung durch Petrus, der Verrat durch Judas, Seine eigene Kreuzigung und Auferstehung, die Herabkunft des Heiligen Geistes auf die Apostel, die Verfolgungen wegen des Glaubens, die Verbreitung verlogener Lehren, die Zerstörung Jerusalems. Ihre Erfüllung finden wir im Evangelium selbst, in der „Apostelgeschichte“ sowie in den Geschehnissen der ersten Jahrhunderte. Einige Prophezeiungen Christi mit Bezug auf die Endzeit erfüllen sich vor unseren Augen und in der nicht fernen Zukunft der Welt: die Ausbreitung des Evangeliums über die ganze Welt, die Verbitterung der Menschen, das Erkalten des Glaubens und der Liebe, die Kriegshandlungen und die Naturkatastrophen. Die Erfüllung weiterer Prophezeiungen wird noch eintreten: der Beginn der Herrschaft des Antichristen in der Welt, die zweite Wiederkunft Christi, der Sieg über den Antichristen und alle Mächte des Bösen in der letzten Schlacht, das Ende dieser Welt, die allgemeine Auferstehung der Toten, das Jüngste Gericht – dies alles steht noch bevor.
Das öffentliche Wirken unseres Herrn Jesus Christus vollzog sich über drei Jahre. Die Hohepriester, Schriftgelehrten und Pharisäer im Hohen Rat (Synedrion), dem höchsten Staatsorgan des hebräischen Volkes, akzeptierten Ihn und Seine Lehre nicht, blickten argwöhnisch auf Seine Wunder und die hierdurch hervorgerufene Popularität im Volke. Deshalb suchten sie nach einem Vorwand, Ihn zu töten. Dieser bot sich ihnen kurz vor dem Passahfest. Der Herr zog mit Seinen Jüngern und einer großen Menschenmenge feierlich in Jerusalem ein. Mutig vertrieb Er die geldgierigen Händler aus dem Jerusalemer Tempel, wodurch Er den mächtigen Zorn der hebräischen Oberen auf sich herabrief. Furchtlos trug Er öffentlich Seine das Synedrion beschuldigende Gleichnisse vor, unterwies täglich umfassend das Volk und wirkte Heilungswunder. Aus Furcht vor dem Volke wagten es die Mitglieder des Synedrions nicht, Christus gefangen zu nehmen. Doch einer von den Aposteln, Judas Iskariot, bot dem Hohen Rat an, ihnen Christus für dreißig Silberlinge zu überliefern. Sie nahmen den Vorschlag erfreut an (Mt 26, 14-16). Am Donnerstagabend vor dem Passahfest verbrachte Jesus Christus mit Seinen Jüngern. Hierbei gab Er ihnen ein Beispiel höchster Demut. Er wusch ihnen (auch dem Judas) die Füße wie ein Diener. Während des Passahmahles setzte Er das Mysterium der Kommunion (das Sakrament der Eucharistie) ein, an dem alle Apostel teilnahmen (Mt 26, 26-28). So wurde zum ersten Mal die Liturgie vollzogen, die für die Orthodoxe Kirche der wesentliche und zentrale Gottesdienst ist.
Nach dem Mahle gingen sie zum Ölberg, zum Garten Gethsemane. Während Seine Jünger schliefen, betete Christus inständig und angstvoll zu Gott, Seinem Vater: „Vater, wenn Du willst, nimm diesen Kelch von Mir weg – doch nicht Mein Wille sondern der Deine geschehe!“ (Lk 22, 42-43).
Schließlich erschienen eine Menge bewaffneter Leute mit den Hohepriestern und Judas, der Jesus mit einem Kuss Seinen Verfolgern auslieferte. Man führte Ihn vor den Hohen Rat, wo Er der Gotteslästerung bezichtigt wurde, worauf die Todesstrafe stand. Am nächsten Morgen (Freitag) wurde Er in der Frühe vor den römischen Statthalter Pontius Pilatus geführt, der anfangs kein Todesurteil aussprechen wollte. Doch aus Angst vor einer Anzeige in Rom gab er der hartnäckig vorgetragenen Forderungen der Volksmenge nach. Christus wurde zum Berg Golgatha verbracht und zwischen zwei Räubern gekreuzigt. In Ergebenheit nahm Er diese fürchterlichen Qualen und diese Art der Hinrichtung an. Trotz der durch Seine schrecklichen Verletzungen hervorgerufenen Qualen fand Er noch die Kraft, für Seine Feinde zu beten und zu sprechen: „Vater, vergib ihnen! Denn sie wissen nicht, was sie tun.“ (Lk 23,34). Am Mittag kam für drei Stunden Finsternis über das ganze Land, die Sonne verfinsterte sich und Jesus rief: „Es ist vollbracht!“ (Joh 19,30) und „Vater, in Deine Hände übergebe ich Meinen Geist!“ (Lk 23, 46).
Ein heimlicher Jünger von Jesus, Josef von Arimathäa, erhielt von Pilatus die Erlaubnis, Christus zu bestatten. Er legte Seinen Leichnam in sein neues Grab und wälzte einen Stein vor den Eingang zur Gruft (Mk 15, 42-46). Am nächsten Tag erreichten die Hohepriester und Pharisäer, dass Pilatus das Grab durch Soldaten sichern ließ. Diese versiegelten den vorgewälzten Stein.
Am dritten Tag nach dem Tod am Kreuze erstand Christus von den Toten. In aller Frühe gingen Maria Magdalena, Maria – die Mutter des Jakobus – und Salome zum Grabe. Sie fanden es geöffnet und ein Engel verkündete ihnen, dass der Herr auferstanden ist und dass Seine Jünger und Petrus Ihn in Galiläa sehen würden (Mk 16, 1-8). Und so geschah es. Denn am Abend dieses Tages trat Jesus in ihre Mitte und sprach: „Friede euch!“ (Joh 20,19).
Der Herr erschien Seinen Jüngern im Verlauf der folgenden vierzig Tage häufiger und redete zu ihnen über Dinge, „die das Reich Gottes betreffen“ (Apg 1,3). Am vierzigsten Tage schied Er, während Er sie segnete, „von ihnen und wurde hinaufgetragen in den Himmel“ (Lk 24, 51). Seitdem warten wir im Glauben auf die Aussagen der Heiligen Schrift die Zweite Wiederkehr Christi mit dem Endgericht, das über alle Menschen ergeht.
Auf einen sehr wesentlichen Sachverhalt sei hier noch hingewiesen. Jesus Christus ist wahrer Gott und wahrer Mensch. Die Väter des Vierten Ökumenischen Konzils von Chalkedon (451) fanden hierfür folgende Formulierung: Christus ist als Menschgeborener beides: wahrer Gott und wahrer Mensch in zwei Naturen, die ungetrennt und ungeschieden, unvermischt und unverwandelt zu einer Person vereint sind. Anders ausgedrückt: In Jesus Christus sind Gott und Mensch so vereint, dass weder die Gottheit abgeschwächt, noch die Menschheit von der Gottheit verschlungen oder ausgelöscht wird. Das bedeutet aber auch, dass Christus nur als Mensch gelitten hat und gestorben ist. In einem Tropar heißt es: Im Grabe warst Du leiblich, im Hades mit der Seele als Gott, im Paradies mit dem Räuber, auf dem Thron mit dem Vater und dem Geist, Christus, alles Erfüllender und Unbegrenzter.
Wir sehen, Christus will durch Sein Leiden und seine Auferstehung uns Menschen erlösen, uns von unseren Sünden, dem Teufel und dem Hades befreien. Er handelt aus Liebe zu uns, wir können und dürfen sagen: Gott ist die Liebe. Unseren Weg zu Ihm, zu Seiner Liebe finden wir in der Orthodoxen Kirche, die uns den wahren Glauben lehrt, auf Seine Gebote und Seine Frohe Botschaft (Evangelium) hinweist und uns in ihren Sakramenten uns zu einem Leben in Ihm befähigt.
Der Herr möge uns helfen, Ihm auf Erden nachzufolgen und mit Ihm in der Ewigkeit bleibend vereint zu werden.
Die Bibel
Das Wort „Bibel“ bedeutet in der Übersetzung aus dem Griechischen „Bücher“. Andere Bezeichnungen sind: Wort Gottes, Göttliche Offenbarung oder Heilige Schrift. Sie drücken aus, dass der eigentliche Verfasser Gott selbst ist. Die Propheten, Evangelisten und Apostel haben allerdings als Mitarbeiter Gottes an der Abfassung dieses heiligen Werkes mitgewirkt. Durch sie ist das Wort Gottes in menschlicher Sprache auf uns überkommen. So wurde es für uns zugänglich. Die Bücher der Bibel sind erfüllt vom Geist Gottes, da die Verfasser der einzelnen Texte sie unter der besonderen gnadenerfüllten Einwirkung des Heiligen Geistes verfasst haben. Dadurch waren sie befähigt, die Göttliche Offenbarung aufzunehmen und an uns weiterzugeben, uns den Willen Gottes und Seine Sicht auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu offenbaren.
Die Bibel umfasst 77 Bücher, die zu einer aus zwei Teilen, dem Alten Testament (AT) und dem Neuen Testament (NT), bestehenden Einheit zusammengefasst wurden.
Das Alte Testament umfasst 50 Bücher. Es beginnt mit den fünf Büchern (Pentateuch) von Moses. Zu ihren wesentlichen Inhalten gehören die Erschaffung der Welt und des Menschen, der Sündenfall, die Gebote des Gesetzes Gottes (Zehn Gebote). Weitere Bücher des AT sind die Geschichtsbücher, das Psalmenbuch, die Weisheitsbücher und die Prophetenbücher (zum Beispiel: Jesaja, Jeremia, Ezechiel) und das Buch der zwölf Kleinen Propheten. Die ältesten Schriftzeugnisse stammen etwa aus dem 14. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, vor Christi Geburt also. Die Orthodoxe Kirche hat das AT in der griechischen Übersetzung übernommen, die um 250 vor Christus von 70 Schriftgelehrten angefertigt wurde. Sie trägt deshalb auch die Bezeichnung Septuaginta. Es handelt sich um das lateinische Wort für siebzig. Sie wird oft abgekürzt mit LXX (der römischen Schreibweise für die Zahl 70) wiedergegeben.
Texte aus dem AT hören wir in den Gottesdiensten vor allem in der Zeit der Großen Fasten und der Hohen Woche (der Woche vor Ostern). Es sind hier hauptsächlich Texte aus der Genesis, den Propheten und den Sprüchen zu nennen. Psalmen begleiten uns in den Stundengebeten und in den Abendgottesdiensten der Orthodoxen Kirche das ganze Jahr über.
Das Neue Testament besteht aus 27 Schriften. Es handelt sich um die vier Schriften der Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, die Apostelgeschichte, die 14 Paulusbriefe, die 7 Katholischen Briefe und die Offenbarung des Johannes. Die vier Schriften der Evangelisten werden zusammengefasst unter dem Begriff Evangelium. Dieses geht auf ein griechisches Wort zurück und bedeutet ‚Frohe Botschaft‘ im Sinne der frohen Botschaft Gottes an die Menschen. Bei jeder Göttlichen Liturgie wird ein Abschnitt aus dem Evangelium verkündet. Wird zum Beispiel ein Abschnitt aus der Schrift des Evangelisten Matthäus vorgetragen, so heißt es: Lesung aus dem Evangelium nach Matthäus. Dem Evangelium geht stets als Apostellesung ein Abschnitt aus einer der anderen Schriften des NT (außer der Offenbarung des Johannes) vorher. Meist handelt es sich dabei um einen Text aus einem der Briefe des hl. Apostels Paulus.
Jede orthodoxe Schriftauslegung ist ein Teil des kirchlichen Dienstes. Sie orientiert sich an der Gottesdienstfeier. Es gibt nach orthodoxer Auffassung keine rein textkritische Betrachtung der Schrift. Zum Verständnis einer Schriftstelle muss man also immer den Blick auf das Heilsmysterium als Ganzes richten. Gottes Wort erschließt sich dem Gläubigen am ehesten im Mitvollzug der gottesdienstlichen Feiern des Kirchenjahres, weil in ihnen Teile der Schrift verkündet werden. Für die Zeiten, in denen ein Besuch des Gottesdienstes nicht möglich ist, kann sich der Gläubige nach dem jährlichen Kirchenkalender richten, in dem die Tageslesungen angegeben werden. Außerdem besteht die Möglichkeit, das Alte Testament wie auch das Neue Testament nach einem persönlich gefassten Plan kapitelweise zu lesen.
Die Gebote des Gesetzes Gottes: Die Zehn Gebote
1. |
Ich bin der Herr dein Gott. Du sollst keine fremden Götter neben Mir haben. |
2. |
Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht. |
3. |
Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen. |
4. |
Gedenke des siebten Tages, dass du ihn heiligest. Sechs Tage sollst du arbeiten und all deine Werke tun. Aber der siebte Tag soll dem Herrn, deinem Gott, geweiht werden. |
5. |
Du sollst Vater und Mutter ehren, das es dir wohl ergehe und du lange lebest auf Erden. |
6. |
Du sollst nicht töten. |
7. |
Du sollst nicht ehebrechen. |
8. |
Du sollst nicht stehlen. |
9. |
Du sollst kein falsches Zeugnis geben wider deinen Nächsten. |
10. |
Du sollst nicht begehren die Frau deines Nächsten, nicht seines Hauses, nicht seiner Diener, nicht seiner Dienerinnen, nicht seines Ochsen, nicht seines gesamten Viehs, nichts, was deinem Nächsten gehört (Ex 20, Deut 5). |
Eine wesentliche Hilfe zum Verständnis der Bedeutung der Gebote bieten die folgenden Verse aus dem Evangelium nach Matthäus: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand. Dies ist das größte und erste Gebot. Das zweite aber ist diesem gleich: Du sollst deinen nächsten lieben wie dich selbst. An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.“ (Mt 22, 37-40)
Wichtige Gebete
Das Gebet des Herrn – Das Vater unser
Vater unser, der Du bist in den Himmeln,
geheiligt werde Dein Name, Dein Königtum komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser notwendiges Brot gib uns heute
Und vergib uns unsere Schulden,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Loblied auf die Allheilige Gottesmutter
Gottesmutter, Jungfrau, freue dich, gesegnete Maria, der Herr ist mit dir.
Gebenedeit bist du unter den Frauen und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes,
denn du hast den Retter unserer Seelen geboren.
Für die Lektüre empfohlene Bücher:
- Lesung des Apostels und des Evangeliums. Am besten liest man ein Kapitel am Tag, beginnend mit dem Evangelium nach Lukas.
- Orthodoxes Gebetbuch, Kloster des Hl. Hiob von Pocaev, München. Im Gebetbuch gibt es die Morgen- und Abendgebete, die man jeden Morgen und Abend lesen sollte, zu Beginn zumindest 5 bis 10 Minuten. Das Maß des Gebetes, wie auch viele weitere Fragen des geistlichen Lebens, sollte man mit dem Priester besprechen, sich bei ihm Rat holen.
- Orthodoxes Glaubensbuch: Christus in euch - Hoffnung auf Herrlichkeit, Edition Hagia Sophia
- Das Gesetz Gottes, Edition Hagia Sophia
- Priester Ilja Schugajew: Kindererziehung in der christlich-orthodoxen Familie, Edition Hagia Sophia
Teil 2: Das Sakrament der Ehe (Ehekrönung)
„Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden“.
(Evangelium nach Markus, Kap. 10, Vers 9)
Die Göttliche Offenbarung spricht davon, dass das ganze Universum, die ganze Welt, die sichtbare und die unsichtbare, in ihrer ganzen Größe, Schönheit und Zweckmäßigkeit durch Gott geschaffen worden sind. Die ganze geschaffene Welt erhielt von Gott ihre Existenz gemäß der Liebe Gottes. Gott, der die Fülle des Lebens hat, wollte das Leben auch anderen Wesen schenken: den Engeln, den Menschen, den Tieren, damit sie lebten, sich freuten und glücklich seien.
Der Mensch ist ein Teil der gesamten Schöpfung, jedoch ist er besonders: der Mensch wurde geschaffen nach dem Bilde Gottes: „Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild“, - so sagt die Heilige Schrift (Genesis 1, 27). Der Mensch vereinigt in seiner Natur eine leibliche (Körper) und eine geistige (Seele mit dem Geist) Komponente. In dieser Verfasstheit des Menschen wie der Vernunft, der Freiheit, der Liebe, der unsterblichen Seele, der schöpferischen Fähigkeiten spiegelt sich die Anwesenheit des Bildes Gottes wider.
Gott ist die wesenseine und unteilbare Dreiheit: der Vater, der Sohn und der Heilige Geist, vereinigt durch den Bund der göttlichen Liebe. „Gott ist Liebe“ – so sagt die Heilige Schrift (1. Johannesbrief 4, 8). Deshalb ist auch für den Menschen die Liebe, da sie die Bekundung des Bildes Gottes in ihm ist, die höchste Tugend und die Hauptbedingung für Freude und Glück. Der Mensch als geistiges Wesen hat das Verlangen zu lieben und geliebt zu werden. Die natürliche Äußerung der Liebe besteht in dem Wunsch des Liebenden sich mit der geliebten Person zu vereinigen. Deshalb streben die Menschen in einer auf Gegenseitigkeit beruhenden Liebe zu einander und finden in einer gesetzlichen Einheit ihr Glück. Bereits in den ersten Anfängen der Geschichte der Menschheit schuf Gott die Ehe als Bund freier vernunftbegabter Wesen – eines Mannes und einer Frau - , der auf gegenseitiger Liebe beruhte. „Es ist nicht gut, für den Menschen, allein zu sein“ (Gen 2, 18) sprach Gott zu Adam und gab ihm Eva zur Frau (Genesis 2, 21-25). So entstand das erste Ehepaar, die erste Familie: „Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan“ (Gen 1, 28).
Wenn man die Ehe als die von Gott festgelegte Weise des menschlichen Lebens aufzufassen versucht, welche dem Menschen die Möglichkeit der Fülle des Lebens und der Freude eröffnet, dann sehen wir, dass die Ehe selbst ein gewisses Geheimnis darstellt, das durch die Liebe vollzogen wird. In der Tat, es bleibt unbegreiflich und geheimnisvoll wie zwei verschiedene Menschen plötzlich in ihren Seelen ein gewisses Gefühl feststellen und sie sich gegenseitig mächtig und unbezwingbar angezogen empfinden. Und wenn sie sich schließlich in einer rechtmäßigen Einheit zusammen gefunden haben, diese Verbindung für sie das aller höchste Glück bedeutet. Dies ist ein Geschenk Gottes: „ … der Mann wird Vater und Mutter verlassen und wird seiner Frau anhangen und sie werden sein ein Fleisch“ (Gen 2,24). In der Liebe tut sich die Freiheit des Menschen kund. Deshalb darf und kann die Ehe einzig auf einer freien Wahl beruhen. Bildlich gesprochen kann man es so ausdrücken: ein junger Mann wählte aus der ganz großen Zahl junger Mädchen eine aus, die er für die Beste hält, ebenso wählt auch das Mädchen aus der großen Zahl der Jungen einen für sich aus, und beide beschließen, die Ehe einzugehen. Sie gehen in das Haus Gottes und sprechen dort gleichsam zu Gott: „O Herr, ich wählte für mich von allen Mädchen eben diese aus und ich möchte, dass sie meine Frau würde“. Ebenso spricht das Mädchen: „O Herr, ich wählte aus allen Jungen genau diesen aus und ich möchte, dass er mein Mann würde. Segne uns als Mann und Frau“. Und der Herr segnet sie durch seinen Diener – den Priester – und nach dem Vollzug der Ehekrönung in Anerkennung der Freiheit ihrer Wahl und ihres Wunsches.
Die Liebe ist der wichtigste Begriff im Christentum. „Gott ist die Liebe“ – heißt es in der Heiligen Schrift. In der Liebe gründen alle Beziehungen zwischen vernunftbegabten, geistigen personenhaften Wesen: zwischen Gott und den Engeln, zwischen Gott und dem Menschen, zwischen den Menschen untereinander. Deshalb lauten die beiden höchsten Gebote Gottes – die Gebote der Liebe: „Du sollst den Herrn deinen Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und mit all deinen Kräften … und deinen Nächsten wie dich selbst“ (Mk 12, 30-31).
Das Hauptkriterium einer wahren Liebe besteht in ihrer Opferbereitschaft, also in der Bereitschaft, alles für den Geliebten hinzugeben (im Kleinen, im Großen, sogar das Leben). Ein Beispiel für eine solche Liebe zeigt unser Herr Jesus Christus auf, wenn er sagt: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn jemand sein Leben für seine Freunde hingibt“ (Joh 15,13). Er selbst hat uns das durch sein schmerzhaftes Leiden und seinen Tod am Kreuz vorgelebt. Über eine solche wahrhaftige Liebe schrieb der Apostel Paulus:
„Wenn ich in den Sprachen der Menschen und der Engel rede, aber keine Liebe habe, so bin ich ein tönendes Erz geworden oder eine schallende Zimbel. Und wenn ich Weissagung habe und alle Geheimnisse und alle Erkenntnis weiß und wenn ich allen Glaube habe, so dass ich Berge versetze, aber keine Liebe habe, so bin ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe zur Speisung der Armen austeile und wenn ich meinen Leib hingebe, damit ich Ruhm gewinne, aber keine Liebe habe, so nützt es mit nichts. Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig; sie neidet nicht; die Liebe ist nicht groß, sie bläht sich nicht auf, sie benimmt sich nicht unanständig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet Böses nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sondern sie freut sich mit der Wahrheit, sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles. Die Liebe vergeht niemals; seien es aber Weissagungen, sie werden weggetan werden; seien es Sprachen, sie werden aufhören; sei es Erkenntnis, sie wird weggetan werden“ (1. Kor 13, 1-8).
Jetzt kann die Frage entstehen: Welcher Unterschied besteht zwischen der Ehe als Bund eines Bräutigams und einer Braut, die sich gegenseitig lieben und der Ehekrönung? Denn viele Menschen gehen eine Ehe ohne Ehekrönung ein, leben glücklich und haben Kinder?
Nun, natürlich kann man auch ohne Ehekrönung eine gesetzliche Ehe eingehen. Aber man muss jedoch wissen, dass diese Möglichkeit nur deshalb besteht, weil Gott:
Deshalb genießt ein Mensch, der heiratet, eine Familie gründet und die Freude der Gemeinschaft mit einer geliebten Person erfährt, die göttlichen Gaben, die ihm durch den liebenden Schöpfer, dem Vater im Himmel, geschenkt werden.
Was kann man über einen Menschen sagen, welcher, wenn er heiratet und ein Hochzeitsmahl organisiert, zu diesem Mahle nicht seine Eltern hierzu einlädt, die
Über einen solchen Menschen kann man sagen, dass er ein undankbarer und sogar unwürdiger Mensch ist. Ein ähnlicher Fall liegt vor, wenn ein Mensch, nachdem er geheiratet und eine Familie gegründet hat, sich nicht mit Gebet, in Dankbarkeit und mit der bitte um Segen an Gott wendet. Denn dann ist er demjenigen gegenüber undankbar, der ihm die Freude am Leben schenkte. Einem solchen Menschen bedeutet Gott scheinbar nichts. Aber kann denn ein Mensch sein Glück auf Erden ohne Gott finden? Natürlich nicht! Das wird durch aktuelle Statistiken bestätigt: eine Vielzahl von Ehen werden in unserer Gesellschaft geschlossen, aber mehr als die Hälfte von ihnen zerfällt wieder und der Hauptgrund für diesen Missstand scheint in der Missachtung der Gesetze dessen zu liegen, der den Segen und die Kraft für die Bewahrung der Ehe verleiht sowie Glück und Freude schenkt. Der Herr jedoch hat gesagt: „Ohne mich könnt ihr nichts tun“ (Joh 15,5). Deshalb ist jede menschliche Verbindung, selbst wenn sie auf den innigsten Gefühlen beruht, nicht von Dauer und zerbrechlich, wenn sie nicht den Segen und die Hilfe des Vaters im Himmel hat.
Der dankbare Mensch, der Gott nicht ablehnt, kann in diesem für sein Leben so bedeutsamen Moment, wie ihn die Gründung einer Familie darstellt, nicht anders, als Gott, den wir unseren Vater nennen, um seinen Segen zu bitten. Dieser Segen Gottes wird durch den Priester im Sakrament der Ehe geschenkt.
Somit ist die Ehe eine Göttliche Einrichtung, deren Ziel es ist, den Menschen glücklich zu machen.
Die Vorbereitung auf die kirchliche Trauung (Ehekrönung)
Der Ehekrönung gehen ein Gespräch mit dem Priester und einige vorbereitende Gespräche über den orthodoxen Glauben voraus.
Vor der Ehekrönung müssen der Bräutigam und die Braut nach einer verantwortungsvollen Vorbereitung zur Beichte und zur Kommunion gehen. (Über das Sakrament der Beichte und der Eucharistie kann man sich in einer entsprechenden Broschüre informieren). Das ist deshalb notwendig, damit sie mit reinem Gewissen vor Gott sich dem Sakrament der Ehekrönung nähern können.
Die Anwesenheit von Zeugen (Brautführer) ist nicht verpflichtend. Es ist wünschenswert, dass als Zeugen gläubige orthodoxe Christen ausgewählt werden, die über Lebenserfahrung verfügen, damit sie nach der Ehekrönung den Neuvermählten Hilfestellung leisten können bei der Errichtung familiärer Bande und bei der Überwindung schwieriger Lebenssituationen.
Die Kirche verpflichtet Bräutigam und Braut nicht zu irgendeiner besonderen Kleidung im Moment der kirchlichen Trauung. Hauptsache ist, dass sie sauber, akkurat und dem heiligen Ort der Kirche angemessen ist. Bei einem ärmellosen Kleid, mit tiefem Dekolleté, sollen eine Pelerine oder ein Umhang Schultern, Rücken und Hände bedecken. Schminke auf den Lippen muss man vermeiden, da man die Ikonen küssen wird. Ein weißes Kleid für die Braut ist alte Volkstradition, symbolisiert es doch ihre sittliche Reinheit und Keuschheit.
Vor der kirchlichen Trauung muss unbedingt die Trauung vor den staatlichen Organen (Standesamt) erfolgt sein, damit die Ehe über den erforderlichen zivilen Rechtsstatus verfügt. Ein Zusammenleben ohne Ehe ist eine große Sünde, da es gegen das siebte Gebot Gottes verstößt.
Die für die Ehekrönung notwendigen Dinge:
- Die Trauringe.
- Große Hochzeitskerzen.
- Die Ikonen des Erlösers und der Gottesmutter. Vor der Ehekrönung segnen die Eltern der jungen Leute ihre Kinder mit diesen heiligen Ikonen. Die Eltern bekreuzigen mit ihnen ihre Kinder, bieten die heiligen Bilder den Heiratenden zum Kusse dar und legen auf diese Weise ihren elterlichen Segen auf die Ehe.
- Weißes Leinen oder Tuch, das unter die Füße der sich Vermählenden gelegt wird (Handtuch).
- Die Taufkreuze.
Die Weihehandlung
In den Weihehandlungen und in den Gebeten, die bei dem Vollzug des Ehesakramentes gesprochen werden, wird die Lehre der Orthodoxen Kirche über das Wesen und die Bedeutung der Ehe als einer von Gott eingesetzten Verbindung zwischen den Menschen zur Erlangung der Fülle der Freude dargestellt. Der Ritus des Ehesakramentes besteht aus zwei Teilen: der Verlobung und der Ehekrönung.
Die Verlobung:
Die Verlobung wird im Westteil der Kirche unweit des Eingangs vollzogen. Die Verlobung stellt die Vereinbarung zwischen Bräutigam und Braut über die zukünftige Ehe dar. Als Zeichen dieser Vereinbarung gilt die gegenseitige Übergabe der Ringe (Verlobungsringe). In unserer Zeit wird die Verlobung zusammen mit der Ehekrönung vollzogen, obgleich sie auf besonderem Wunsch auch früher erfolgen kann. Nach der Verlobung gelten die jungen Leute noch nicht als Mann und Frau.
Bräutigam und Braut stehen im Westteil der Kirche nebeneinander: der Bräutigam steht rechts, die Braut links.
Die Verlobungsringe des Brautpaars werden zuvor auf den Altar der Kirche als ihrer heiligsten Stelle gelegt und dadurch geweiht.
Zu Beginn des Dienstes kommt der Priester aus der Königlichen Türe, in den Händen Kreuz und Evangelium tragend, welche an die Gegenwart in der Kirche von Christus selbst erinnern. Der Priester übergibt den Neuverlobten die Hochzeitskerzen, die im Verlauf der ganzen Zeit der Ehekrönung nicht gelöscht werden. Diese Kerzen symbolisieren die geistige Schöpfung, die Herrlichkeit der Keuschheit der Kindheit und das Licht der Gnade, die sich auf die Neuvermählten niederlässt. In ihren Händen kündet sie von der Freude des Zusammentreffens dieser Menschen und von der allgemeinen Freude der Anwesenden. Die Hochzeitskerzen können zusammen mit den Ikonen wie eine Familienreliquie verehrt werden.
Danach beweihräuchert der Priester Bräutigam und Braut, wobei er ihnen eine Verehrung wie den Kindern Gottes erweist, da sie in sich das Bild Gottes tragen. Ferner werden Gebete gesprochen, in denen der Priester Gott bittet, diese Verlobung zu segnen.
Aus dem Altar werden die Verlobungsringe gebracht, mit denen der Priester dreimal in Kreuzesform Bräutigam und Braut segnet. Er überreicht ihnen die Ringe, und dann verändert er ihre Stellung zueinander, so dass der Finger der Braut auf den Bräutigam und der Finger des Bräutigams auf die Braut weist. Auf diese Weise wird der Ehemann immer den Ring der Ehefrau und die Ehefrau immer den Ring des Ehemannes tragen, was als gegenseitiges Versprechen und Unterpfand der Treue gilt. Hierbei wird das Gebet gesprochen:
Herr unser Gott, der Du in Mesopotamien den Diener des Patriarchen Abraham begleitet hast, als er gesandt wurde, für seinen Herrn Isaak eine Frau zu freien, und ihm mittels des Wasserschöpfens Rebekka als seine Verlobte offenbart hast, Du selbst nun segne die Verlobung Deiner Knechte, (Name) und (Name), und stütze das von ihnen gesprochene Wort; festige sie durch die von Dir kommende heilige Vereinigung, denn Du hast von Anbeginn Männliches und Weibliches gebildet, und durch Dich wird dem Mann die Frau zur Hilfe und Fortpflanzung des Menschengeschlechtes vereint. Du selbst nun, Herr unser Gott, der Du die Wahrheit auf Dein Erbe und Deine Verheißung auf Deine Knechte, unsere Väter, Deine Auserwählten von Geschlecht zu Geschlecht, herabgesandt hast, blicke auf Deinen Knecht (Name) und Deine Magd (Name), und festige ihre Verlobung in Treue, Einmütigkeit, Wahrheit und Liebe; denn Du, Herr, hast bestimmt, dass das Verlöbnis gegeben und in allem gefestigt werde; durch einen Ring wurde Joseph in Ägypten die Gewalt gegeben; durch einen Ring wurde Daniel im Land Babylons geehrt; durch einen Ring wurde die Wahrhaftigkeit der Thamar offenbar; durch einen Ring erwies sich unser himmlischer Vater dem verlorenen Sohn mitleidvoll: „Steckt ihm“, sagte er, „einen Ring an die Hand, bringt das gemästete Kalb, schlachtet es und lasst uns essen und fröhlich sein“. Diese Deine Rechte, Herr, stritt für Moses im Roten Meer; denn durch Dein wahrhaftiges Wort wurden die Himmel gefestigt und die Erde gegründet; und die Rechte Deiner Knechte wird gesegnet werden durch Dein mächtiges Wort und durch Deinen erhobenen Arm. Du selbst nun, Herr, segne auch jetzt dieses Anstecken der Ringe mit himmlischem Segen, und ein Engel des Herrn ziehe ihnen voran alle Tage ihres Lebens.
Denn Du bist es, der alles segnet und heiligt, und Dir senden wir die Verherrlichung empor, dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste, jetzt und immerdar und in die Ewigkeit der Ewigkeit. Amen.
Die Krönung
Die Ehekrönung stellt den besonderen Segen der Kirche für das Leben der Familie dar. Der Gedanke der Krönung besteht darin, die natürliche menschliche Liebe in eine christliche Liebe zu verwandeln, die sich durch den Heiligen Geist ins Herz ergießt. Hauptsächlich hierin besteht nämlich das Geschenk, durch das der Herr die eheliche Vereinigung segnet. Wenn es die Neuvermählten selbst wünschen und sie eine solche Liebe suchen, dann wird ihr Familienleben eine dauerhafte Grundlage haben und alle Gebete, die an diesem Tage in der Kirche gesprochen werden, bringen ihre segensreichen Früchte.
Nach dem Verlobungsritus gehen Bräutigam und Braut unmittelbar hinter dem Priester in die Mitte der Kirche, wo ein weißes Leinentuch als Zeichen der Aufrichtigkeit und Reinheit der Gefühle des Bräutigams und der Braut ausgebreitet wird. Mit dem Ausruf des Priesters „Gesegnet das Königtum des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, jetzt und immerdar und in die Ewigkeit der Ewigkeit“ beginnt das eigentliche Sakrament der Ehekrönung.
Der Priester befragt den Bräutigam darüber, ob es sein frei gefasster Wunsch ist, die Ehe einzugehen: „Hast du (Name) die gute und frei gefasste Absicht, diese Frau (Name), die du vor dir stehen siehst, zur Ehefrau zu nehmen?“ Der Bräutigam antwortet: „Ja, ehrwürdiger Vater“. Der Priester fährt fort: „Hast du dich keiner anderen Braut versprochen?“ Der Bräutigam antwortet: „Nein, ehrwürdiger Vater“. Der gleiche Dialog findet auch zwischen Priester und Braut statt. Die Antworten des Bräutigams und der Braut bestätigen vor Gott und der Kirche die Freiwilligkeit und die Unumstößlichkeit ihrer Absichten.
Es beginnt das Gebet der Kirche zu Gott für das hier stehende Brautpaar: „… dass diese Ehe gesegnet werde, wie die zu Kana in Galiläa …“; „… dass wir erlöst werden von aller Bedrängnis, Zorn und Not …“. Der Priester liest drei Gebete, in denen er Gott bittet, Bräutigam und Braut zu segnen, so, wie Er auch viele gerechte Menschen gesegnet hat: „Abraham und Sarah, Isaak und Rebekka, … Zacharias und Elisabeth“. Auch eine besondere Bitte für die Eltern wird zu Gott empor getragen, deren Gebete „die Fundamente der Häuser sichern“ (Sir 3,9).
Allreiner Gott und Bildner der ganzen Schöpfung, der Du die Rippe des Urvaters Adam durch Deine Menschenliebe zu einer Frau umgestaltet hast, und sie beide gesegnet und gesagt hast: „Vermehrt euch und werdet zahlreich, und seid Herr über die Erde“ und sie beide durch die Verbindung als ein Glied in Christus erwiesen hast; denn deswegen wird ein Mensch seinen Vater und seine Mutter verlassen, und der eigenen Frau anhangen, und die zwei werden zu einem Fleisch; und die, welche Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen; der Du Deinen Diener Abraham gesegnet und, den Schoß der Sarah öffnend, ihn zum Vater vieler Völker gemacht hast; der Du den Isaak der Rebekka geschenkt und den von ihr Geborenen gesegnet hast; der Du den Jakob mit der Rahel zusammengefügt und aus ihm die zwölf Patriarchen erwiesen hast; der Du den Joseph und die Asynéth verbunden und ihnen den Ephraim und den Manasse als Frucht der Kinderzeugung geschenkt hast; der Du den Zacharias und die Elisabeth angenommen und den von ihnen Geborenen als Vorläufer erwiesen hast; der Du aus der Wurzel Jesse dem Fleische nach die Immer-Jungfrau hervorsprießen ließest und aus ihr zur Errettung des Menschengeschlechtes Fleisch geworden und geboren worden bist; der Du Deines unsagbaren Geschenkes und Deiner großen Güte willen nach Kana in Galiläa gekommen bist und die Ehe dort gesegnet hast um kundzutun, dass die gesetzmäßige Verbindung und die Kinderzeugung in ihr Dein Wille ist, Du selbst, Allheiliger Gebieter, nimm unsere, Deiner Knechte, Bitte an, und wie dort, so auch hier: komm durch Deinen unsichtbaren Beistand; segne diese Ehe und gewähre diesen Deinen Knechten N. und N. ein friedliches und langes Leben, Besonnenheit, gegenseitige Liebe im Band des Friedens, langlebende Nachkommenschaft, Freude an den Kindern und einen unverwelklichen Kranz der Herrlichkeit. Würdige sie, ihre Kindeskinder zu sehen; bewahre ihr Bett frei von Anfechtungen und gib ihnen von oben herab vom Tau des Himmels und vom Überfluss der Erde. Fülle ihre Häuser mit Weizen, Wein, Öl und aller Güte, auf dass sie auch den Bedürftigen Anteil geben und gewähre zugleich auch den Anwesenden alles zur Errettung Erflehte. Denn Du bist ein Gott des Erbarmens, des Mitleids und der Menschenliebe, und Dir senden wir die Verherrlichung empor, samt Deinem anfanglosen Vater und Deinem allheiligen und guten und lebenschaffenden Geist, jetzt und immerdar und in die Ewigkeit der Ewigkeit.
Nun kommt der entscheidende Moment des Sakramentes, wenn der Priester den Bund der Ehe im Namen der Allheiligen Dreiheit segnet. Der Priester bringt die Krone, wendet sich an den Bräutigam und spricht: „Gekrönt wird der Knecht Gottes N. und die Magd Gottes N. im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Bei diesen Worten macht der Priester mit einer Krone das Kreuzzeichen über dem Bräutigam, gleichzeitig bekreuzigt sich der Bräutigam und küsst an der Krone die Ikone des Erlösers. Der Priester setzt die Krone auf das Haupt des Bräutigams (wenn es gewünscht wird, können die Kronen über den Köpfen des Brautpaars von den hinter ihnen stehenden Trauzeugen gehalten werden). Ebenso wird die Braut gekrönt. Danach wendet sich der Priester zum Altar und ruft dreimal aus: „O Herr, unser Gott, mit Herrlichkeit und Ehre kröne sie“. Diese Worte gelten als die wichtigsten in dieser Weihehandlung: denn durch diese ergießt sich der göttliche Segen auf die Ehe.
Nach diesen Worten werden die Texte aus der Heiligen Schrift gelesen: der Brief des hl Apostels Paulus und das Evangelium nach Johannes. Im Brief des hl. Apostels Paulus wird die Lehre der Kirche über die Ehe als einer geheimnisvollen geistigen Vereinigung dargelegt, welche der noch geheimnisvolleren Einheit von Christus mit Seiner Kirche ähnlich ist: die Grundlage der einen wie der anderen liegt in einer zu Opfern bereiten Liebe: „Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus die Gemeinde geliebt hat und Sich Selbst für sie dahingegeben hat“ (Eph. 5, 25). Nach dem Verständnis der Kirche ist die Familie eine Kirche im Kleinen. Wie Christus Seine Kirche liebt, so liebt der Mann die Familie. Hier erinnert schon der Apostel daran, dass die Ehe eine göttliche Einrichtung ist und dass in der Ehe der Charakter der gegenseitigen Beziehungen und der von Gott gegebenen Gebote eingehalten werden muss.
Brüder, sagt dem Gott und Vater allzeit Dank für alles im Namen unseres Herrn Jesus Christus, und ordnet euch einander unter in der Furcht Christi. Ihr Frauen, ordnet euch euren Ehemännern unter wie dem Herrn; denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Kirche ist; Er selbst ist ja der Erretter des Leibes. Gleichwie aber die Kirche sich Christus unterordnet, so auch die Frauen ihren Männern in allem. Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus die Kirche geliebt und Sich Selbst für sie hingegeben hat, damit Er sie heilige nach der Reinigung durch das Wasserbad im Wort, damit Er sie vor sich als eine herrliche Kirche stelle, ohne Flecken, Runzel oder etwas dergleichen, sondern damit sie heilig und untadelig sei. Ebenso schulden es die Männer, ihre Frauen zu lieben wie ihren eigenen Leib. Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst; denn niemand hat je sein Fleisch gehasst, sondern er nährt und pflegt es, gleichwie auch der Herr die Kirche; denn wir sind Glieder Seines Leibes, von Seinem Fleische und Seinem Gebein. „Deswegen wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und die zwei werden zu einem Fleisch werden.“ Dieses Mysterium ist groß; ich sage es aber in Bezug auf Christus und die Kirche. Indes auch ihr: jeder einzelne von euch soll seine Frau so lieben wie sich selbst, die Frau aber begegne ehrfürchtig ihrem Mann. (Eph 5, 21-33).
Im Evangelium nach Johannes wird daran erinnert, wie Christus, der Sohn Gottes, auf Einladung bei einer Hochzeit anwesend war und wie Er hier, auf Bitte Seiner Allreinen Mutter, den Erfordernissen der Gastgeber dieses Hochzeitsmahles nachkommend in Steinkrüge gegossenes Wasser in Wein verwandelte. Die Kirche weist durch die Lektüre dieses Textes darauf hin, dass, wie die Ehe in der Stadt Kana durch die Anwesenheit des Sohnes Gottes geheiligt wurde, so auch die jetzt gegenwärtige Ehekrönung ihre Heiligung und ihren Segen durch die Gebete des Priesters und durch den Glauben des Bräutigams und der Braut „durch den unsichtbaren Beistand“ Christi erhält.
In jener Zeit fand zu Kana in Galiläa eine Hochzeit statt und die Mutter Jesu war dort. Aber auch Jesus und Seine Jünger waren zur Hochzeit eingeladen. Und als es an Wein mangelte, spricht die Mutter Jesu zu Ihm: „Sie haben keinen Wein“. Spricht Jesus zu ihr: „Was willst du von Mir, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen“. Spricht die Mutter zu den Dienern: „Was immer Er euch sagt, das tut“. Es waren dort aber sechs steinerne Wasserkrüge aufgestellt gemäß dem Reinigungsbrauch der Juden, die je zwei oder drei Maß von 40 Litern fassten. Jesus spricht zu ihnen: „Füllt die Krüge mit Wasser“. Und sie füllten sie bis oben an. Und Er spricht zu ihnen: „Schöpft nun und bringt es dem Tafelmeister“. Und sie brachten es. Als aber der Tafelmeister das Wasser, das zu Wein geworden war, kostete und nicht wusste, woher er war – die Diener aber, die das Wasser geschöpft hatten, wussten es – ruft der Tafelmeister den Bräutigam und sagt zu ihm: „Jeder Mensch setzt zuerst den guten Wein vor und dann, wenn sie trunken geworden sind, dann den geringeren; du aber hast den guten Wein bis jetzt aufbewahrt. Diesen Anfang der Zeichen tat Jesus zu Kana in Gliläa und machte Seine Herrlichkeit offenbar, und Seine Jünger glaubten an Ihn. (Johannes 2,1-11).
Nach der Lesung aus der Heiligen Schrift wird ein Kelch mit Wein gesegnet. Der Kelch ist das Symbol für das gemeinsame Leben des Bräutigams und der Braut, des Mannes und der Frau, einschließlich ihrer Freude und ihres Leides. Aber wie der Kelch das Gemeinsame bedeutet, so soll auch das Leben in der Ehe das gemeinsame Erleben von Freude und Leid sein. Der Priester spricht ein Gebet, segnet den Kelch und reicht ihn nacheinander dem Bräutigam und der Braut, die aus ihm je dreimal trinken.
Die Kirche betet besonders um den Kindersegen, also um die Freude und den Trost durch Kinder. Man muss verstehen, dass der absichtliche Verzicht auf die Geburt von Kindern aus egoistischen Gründen die Ehe entwertet und eine offensichtliche Sünde darstellt. In unserer Zeit gibt es eine ganz fürchterliche Erscheinung, nämlich die Abtreibung (Abort). Man muss unbedingt daran denken, dass es sich vom Moment der Empfängnis an bei einem Kind um einen vollständigen Menschen handelt, der eine Seele hat. Deshalb ist jede Abtreibung Mord, egal zu welchem Zeitpunkt der Schwangerschaft sie durchgeführt wird. Völlig unzulässig sind auch empfängnisverhütende Mittel wie Tabletten und Spiralen sowie nidationshemmende Mittel („Pille danach“). Ihre Anwendung kommt einer Abtreibung gleich.
Nach dem gemeinsamen Kelch legt der Priester die rechten Hände des Bräutigams und der Braut übereinander, bedeckt sie mit dem Epitrachilion (einem Teil des Priestergewands) und geht dreimal um das Analogion (Stehpult, auf dem das Kreuz und das Evangelium liegen) herum zum Zeichen der geistigen Freude und der Ewigkeit der Ehe als einer geistigen Union. Dieses ist die erste Handlung, welche die Ehepartner gemeinsam ausführen. Während dieser feierlichen Prozession werden die kirchlichen Tropare gesungen, zur Erinnerung daran, dass das Leben in der Familie ein Leben des gegenseitigen Vertrauens ist, das Geduld, Demut und die Fähigkeit erfordert, Leid und Versuchungen zu überstehen. Um ihre Liebe müssen die Partner ringen. Und dieser Kampf besteht vor allem in der Überwindung des eigenen Egoismus, um hierdurch zu lernen, sich selbst zugunsten des Geliebten aufzuopfern und um so aufzuhören, nur für sich selbst zu leben. Darauf müssen sich die jungen Leute vor der Hochzeit einstimmen.
Isaias, tanze: Die Jungfrau war schwanger und gebar als Sohn den Emmanuel, zugleich Gott und Mensch. Aufgang ist Sein Name; Ihn hochpreisend, preisen wir die Jungfrau selig.
Heilige Märtyrer, die ihr schön gekämpft habt und gekrönt worden seid, legt Fürbitte ein beim Herrn, dass Erbarmen finden unsere Seelen.
Ehre Dir, Christus Gott, Ruhm der Apostel, Frohlocken der Märtyrer, deren Verkündigung ist die wesenseine Dreiheit.
Das Sakrament wird beendet mit der Anrufung des Herrn Jesus Christus, mit Gebeten an Seine Allreine Gottesmutter und an alle Heiligen, mit der Bitte um Gewährung seiner Gnade und Erlösung für die in den Ehestand getretenen Eheleute. Nach einhelligem Brauch führt man die Neuvermählten zu den königlichen Türen, wo der Priester ihnen das Kreuz zum Küssen reicht und ihnen zwei Ikonen übergibt: dem Bräutigam ein Bild des Erlösers, der Braut ein Bild der Allheiligen Gottesgebärerin. Dann wendet er sich mit seelsorglichen Worten an sie, die Liebe zu bewahren und im praktischen Alltag der Ehe und Familie ein wahrhaft christliches Leben zu führen.
Alle beglückwünschen die jungen Leute zu diesem erfreulichen Ereignis und dieser großen Feier. Mit dem Segen Gottes möge ihnen ein glückliches, gemeinsames christliches Leben und das Wachsen im Guten und der Liebe beschieden sein. Die Gnade Gottes ist das höchste Gut. Gott hat sie nicht nur für das Leben hier auf Erden sondern auch für das in der Ewigkeit verbunden. Auf dieses sollen sie sich gemeinsam vorbereiten, zusammen mit ihren zukünftigen Kindern. „Was Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen“ (Mk 10,9).
Bedingungen für den Vollzug des Ehesakramentes
1. Die Absicht zu heiraten muss auf der freien Wahl von Bräutigam und Braut beruhen.
2. Bräutigam und Braut müssen gläubige, orthodoxe Christen sein.
Die kirchliche Trauung eines orthodoxen Christen mit einer nicht-orthodoxen Christin oder einer orthodoxen Christin mit einem nicht-orthodoxen Christen (einem Mitglied der Römisch-Katholischen, der Armenischen, der Anglikanischen, der Monophysitischen Kirche) wird zugelassen unter der Bedingung ihrer Trauung in einer orthodoxen Kirche und des Einverständnisses des nicht-orthodoxen Partners dahin gehend, dass die aus dieser Ehe hervorgehenden Kinder in der Orthodoxen Kirche getauft und im Orthodoxen Glauben erzogen werden.
3. Obgleich die Kirche eine zweite oder dritte Verheiratung nicht gutheißt, erlaubt sie diese aus Nachsicht der menschlichen Schwäche gegenüber. Eine mehr als dreimalige Verheiratung wird nicht zugelassen, eine vierte Ehe ist somit nicht möglich.
4. Hindernisse für eine kirchliche Trauung sind:
5. Im kirchlichen Kalender gibt es Zeiten und Tage (zum Beispiel die Große Fastenzeit – die 50 Tage vor Ostern), in denen das Sakrament der Ehekrönung nicht vollzogen wird. Das Datum muss beizeiten bei dem Priester erfragt werden.
Bei allen entstehenden Fragen können Sie sich immer an den Priester ihrer Gemeinde wenden.
Weiterführende Literatur:
Erzpriesters Vasilios E. Voloudakis: Die Ehe und die Psychologie der beiden Geschlechter, Edition Hagia Sophia.
Mann und Frau. "Sie sind nicht mehr zwei, sondern eins", Edition Hagia Sophia.
Fragen der persönlichen, familiären und gesellschaftlichen Sittlichkeit, in: Die Dokumente der sozialen Verantwortung, Moskau, 2013, S. 74-86, (in deutscher Übersetzung).
Diesem Text liegt eine Zusammenstellung aus verschiedenen Quellen von Priester Alexej Veselov zugrunde. Redakteur Dr. Diakon Elmar Kalthoff, Krefeld, 2017.