Orthodoxe Bischofskonferenz Deutschlands

An das orthodoxe Kirchenvolk in Deutschland

„Da gibt es dann nicht mehr Griechen und Juden,
… sondern Christus ist alles und in allen“
(Kol 3,11)

Liebe Väter, Brüder und Schwestern!

Als orthodoxe Bischöfe dieses Landes haben wir in unserer Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland (OBKD) die Aufgabe, die Einheit unserer Kirche sichtbar zu machen, die Zusammenarbeit der orthodoxen Diözesen in allen Bereichen des pastoralen Dienstes zu intensivieren, die Interessen unserer Gläubigen in der Bundesrepublik Deutschland zu unterstützen, zu wahren und zu fördern. Dazu gehört auch der Bereich der Erziehung und Bildung, somit auch der schulische Religionsunterricht. Der Orthodoxe Religionsunterricht ist eine gemeinsame Sache der Kirche und des deutschen Staates: Kirchlicherseits trägt hier die OBKD die Verantwortung.

Bereits vor der Gründung unserer Bischofskonferenz im Jahr 2010 hatten wir, die orthodoxen Bischöfe Deutschlands, diese wichtige Aufgabe gemeinsam in Angriff genommen. Im Jahre 2011 haben wir uns dann erstmals mit einem Hirtenbrief in dieser Angelegenheit an euch gewandt. Sechs Jahre später ist die Situation des Religionsunterrichtes leider immer noch nicht zufriedenstellend. Zwar können wir Erfolge etwa in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen verzeichnen, dennoch erreicht das Unterrichtsangebot immer noch zu wenige Kinder. Das Ziel der möglichst weiten Entfaltung des Orthodoxen Religionsunterrichts, das wir im damaligen Hirtenbrief als Wunsch geäußert hatten, ist bei Weitem noch nicht erreicht. An dieser Situation müssen wir – eure Geistlichen und ihr als Schülerinnen und Schüler und Eltern – etwas ändern.

Es ist eine Tatsache, dass wir unterschiedlicher Herkunft sind. Wir oder unsere Eltern und Großeltern kommen vielfach aus Gegenden, in denen der Religionsunterricht missachtet, ja manchmal verboten wurde. Hierzulande wird dagegen der konfessionelle Religionsunterricht hochgeschätzt, ist als einziges Unterrichtsfach im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (Art. 7,2 und 3) verankert und wird auch in vielen Landesverfassungen eigens erwähnt. Denn die Religion wird als Identitätsstiftend gewürdigt. Das gilt für uns auch: Für die meisten von uns ist das Orthodox-Sein unser spezifisches Merkmal und unsere Kirche ein Stück Heimat.

Deshalb leistet der orthodoxe Religionsunterricht einen wichtigen Beitrag zum Zusammenwachsen der orthodoxen Christinnen und Christen in der Bundesrepublik. Hier begegnen sich unsere Kinder und nehmen sich gegenseitig als Geschwister im gemeinsamen orthodoxen Glauben wahr. Schwerpunkt ist nicht mehr das nationale Prädikat unserer Identität, sondern das christliche: „Da gibt es dann nicht mehr Griechen und Juden, … sondern Christus ist alles und in allen“ (Kol 3,11). Der orthodoxe Religionsunterricht wirkt in Deutschland nicht nur erinnernd und bewahrend, sondern auch integrierend und bereichernd. Er verbindet uns mit unserer Tradition und Vergangenheit und bildet die von uns alle gewünschte solide Basis für die gemeinsame friedliche Zukunft. Diese Chance gilt es zu ergreifen!

In vielen unserer Kirchengemeinden findet ein katechetischer Unterricht statt. Dafür sind wir dankbar. Aber er will und kann den schulischen Unterricht nicht ersetzen. Dabei sind uns die praktischen Schwierigkeiten, die die Durchführung des schulischen Unterrichts mit sich bringt, durchaus bekannt. Ein Unterricht, der möglicherweise schul-, jahrgangs- oder klassenübergreifend stattfindet, ist eine große Herausforderung für Schülerinnen und Schüler, ebenso wie für die Schulen und die Religionslehrkräfte. Sammelunterricht am Nachmittag oder außerschulischer Religionsunterricht leiden stark unter der Konkurrenz anderer Aktivitäten und der Freizeitgestaltung. Da stößt auch das Engagement hilfsbereiter Eltern an seine Grenzen. Deswegen sind wir allen äußerst dankbar, die tagtäglich diese Herausforderung annehmen und derartige Schwierigkeiten meistern.

Wir nehmen zur Kenntnis, dass wegen dieser diversen Schwierigkeiten vielerorts eine Teilnahme am Religionsunterricht anderer Konfessionen stattfindet, solange an einer Schule bzw. in einer Stadt noch kein Orthodoxer Religionsunterricht eingerichtet ist. Allerdings sind hier die Regelungen der jeweiligen Schulordnung für die Teilnahme am Religionsunterricht einer anderen Konfession zu beachten. Außerdem erachten wir eine Kooperation mit möglichen orthodoxen Partnern als erstrebenswert, besonders wenn genug orthodoxe Schülerinnen und Schüler am Religionsunterricht einer anderen Konfession teilnehmen.

Es gilt aber nach wie vor: Wir Orthodoxen legen großen Wert auf unsere eigene Tradition. Damit diese Tradition lebendig bleibt, muss sie gelebt und im Hier und Heute umgesetzt werden. So können wir unseren Herrn Jesus Christus als denselben „gestern und heute und in Ewigkeit“ bekennen und verkünden (Hebr 13,8). Dazu trägt der Orthodoxe Religionsunterricht bei. Es wäre eine Tragödie, wenn die großartige Chance des Orthodoxen Religionsunterrichts, die uns hier gegeben wird, in Zukunft abgeschafft würde, weil scheinbar kein Bedarf unserseits vorhanden ist.

Unser väterlicher Appell an euch alle lautet: Bekennt euch zu eurem orthodoxen Glauben und zum orthodoxen Religionsunterricht! Unterstützt eure Pfarrer und Kirchengemeinden bei der Umsetzung dieses wichtigen Vorhabens unserer Kirche in Deutschland! Helft allen, die an den unterschiedlichen Schularten Religionsunterricht erteilen, bei ihrer Tätigkeit! Bestärkt eure Kinder, am orthodoxen Religionsunterricht teilzunehmen!

Frankfurt am Main, den 12. Dezember 2017

† Metropolit Augoustinos von Deutschland, Exarch von Zentraleuropa

Vorsitzender

und die übrigen Mitglieder

der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland

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